INTERVIEW MIT THOMAS STIPSITS

Das Multitalent auf Erfolgskurs

Begonnen hat seine Karriere beim Kabarett. Jetzt ist Thomas Stipsits nicht mehr wegzudenken aus der österreichischen Kinolandschaft. Das Multitalent verführt erneut als Georgy Hillmaier im Kino-Hit „Love Machine 2“ die Damenwelt. Der erste Teil war 2019 der meistgesehene Kinofilm in Österreich.

Aber nicht nur auf der Leinwand ist Thomas Stipsits tätig. Inspiriert durch das spezielle Lokalkolorit des südlichen Burgenlandes, der Heimat seines Vaters, und der TV-Kriminalserie „Columbo“ entwickelte er die „Stinatz-Krimis“. Mittlerweile begeistert schon der dritte Band „Eierkratz-Komplott“, nach „Kopftuchmafia“ und „Uhudler-Verschwörung“ die Leserschaft.

Thomas Stipsits ist mit Verena Altenberger Testimonial der Filmpatenschaft des Österreichischen Filminstituts. Ihm liegt besonders der österreichische Filmnachwuchs am Herzen. Erfahren Sie im Interview außerdem, welche österreichische Komödie ihn heute noch zum Lachen bringt.

  • Der erste Teil von „Love Machine“ war mit Abstand der erfolgreichste österreichische Film 2019. Welche Turbulenzen erwartet Ihre Rolle Georgy diesmal?

Georgy ist nach Thailand geflüchtet, nachdem Jadwiga und er sich getrennt haben. Jadwiga hat ihn gesucht und zurückgeholt. Er erfährt, dass sie einen gemeinsamen Sohn haben. Und, wenn man das als Turbulenzen bezeichnen darf, muss er sich in die neue Rolle des Vaters einfinden. Er bemerkt aber nebenbei, dass seine Schwester sich auch in Schwierigkeiten befindet. Georgy wird wieder ein schöner Spielball und versucht aus dieser ganzen „Schlamastik“ mit seiner Art herauszukommen.

  • War es schwierig sich in die Figur des Georgy hineinzuversetzen?

Sich in den Georgy reinzuversetzen war diesmal überhaupt nicht schwierig, weil wir schon den ersten Teil gedreht hatten, und weil Andreas (Anmk. Regisseur Andreas Schmied) und ich die Figur im ersten Teil gemeinsam entwickelt hatten. Deswegen war es eine große Freude ihn wieder spielen zu dürfen, weil man sich nur noch auf das Spielen konzentriert und nicht mehr überlegen muss, welche Facetten wir ihm geben.

Georgy ist auch etwas älter geworden. Die Vaterschaft macht etwas mit ihm. Im Grunde seines Herzens ist Georgy ein guter Mensch oder Menschenfreund. Er hat nur mit organisatorischen Dingen Probleme, weil die ihn nicht so interessieren. Das kann Andere zur Weißglut bringen. Georgy ist ein Mensch, der sicher kein Bankkonto oder eine Bankomatkarte hat. Das könnte Leute in seinem Umfeld zur Verzweiflung bringen. Ihm persönlich ist das vollkommen egal.

  • Sie sind Testimonial der „Filmpatenschaft“. Warum ist Ihnen die Förderung des heimischen Kinonachwuchses ein Anliegen?

Die Förderung des heimischen Kinonachwuchses ist mir deshalb ein Anliegen, weil auch ich, um es aus meiner Sicht zu sagen, gefördert wurde um in diesen Beruf einzutreten. Und ich finde, dass gerade der österreichische Film, mit all seinen Facetten – für so ein kleines Filmland – viele Genres bedient. Was mir an dem Ganzen gefällt, ist die österreichische Note: vom Drama bis zur Komödie. Das ist unsere Stärke, das ist auch unsere Visitenkarte.

Es ist aber genauso wichtig, dass man Filme dreht, die rein fürs österreichische Publikum gemacht sind. Dabei ist natürlich wichtig, dass es viele junge Menschen gibt, die interessiert sind die Tradition des österreichischen Films fortzuführen. Und gleichzeitig aber auch wieder neues Publikum zu generieren. Ich bin nicht alt, aber ich werde jetzt auch vierzig, und komme aus einer anderen Generation als junge Schauspielerinnen und Schauspieler (…) und da würde es mich sehr freuen, wenn junge Generationen wieder anderes Publikum generieren – um das Kino am Leben zu erhalten. Ohne jetzt patriotisch zu klingen, dürfen wir uns auch mit großen Produktionen, die ein zehnfaches oder vierzigfaches an Budget haben, messen.

  • Wie war Ihr Einstieg in die Filmszene, was hat Ihnen dabei geholfen?

Mein Einstieg in die Filmszene ist über Umwege passiert. Natürlich war mein großer Wunsch immer das zu machen. Ich wurde sozialisiert mit Filmen wie „Indien“, „Muttertag“, auch „Müllers Büro“, in denen hauptsächlich Kabarettistinnen und Kabarettisten mitgespielt haben. Das hat mich natürlich unfassbar fasziniert. Meine Eltern haben gerne österreichische Produktionen geschaut, wie „Schwejk“ mit Fritz Muliar, Heinz Petters … Diese Filme haben mich unheimlich begeistert – schon als Jugendlichen. Und da dachte ich mir, ich möchte auch so etwas machen. Der Wunsch ist das Eine, es dann wirklich machen zu können, das Andere.

Ich habe dann bei einem Studentenfilm mitspielen können. Die erste wirklich größere Kinorolle hatte ich bei David Schalko in dem Film „Wie man leben soll“. Da war ich beim Casting, bei dem ich meiner Meinung nach irrsinnig schlecht war. Aber irgendwie hat der Schalko sich gedacht: Der hat irgendwas. Danach ist es peu à peu weitergegangen. Ich durfte dann bei „Braunschlag“ mitspielen. Aufgrund dessen habe ich das Nächste bekommen. Du brauchst schon immer jemanden, der an dich glaubt und deine Qualität erkennt.

  • Was macht Ihrer Meinung nach die „österreichische Komödie“ aus? Was sind die Besonderheiten?

Der regionale Bezug und der „Schmäh“. Ich möchte keinen anderen Ländern zu nahetreten, aber die geschriebene Pointe ist die eine Sache, die Situationskomik und der Schmäh ist eine andere Sache. Und das finde ich ist größtenteils in der österreichischen Komödie schon sehr gut getroffen. Weil du echten Menschen in echten Situationen zusiehst, und diese leisen Zwischentöne mich zum Lachen bringen. Das ist auch gar nicht wertend gemeint – aber damit kann man vielleicht in Norddeutschland und England nichts anfangen.

Für mich wäre eine klassische österreichische Situationskomik, wenn das Kind zum Vater oder der Mutter sagt: „Mir ist so fad“. Und die Mutter sagt: „Wenn dir fad ist, zieh dich aus und pass auf‘s Gewand auf.“ Diese Farbe in den österreichischen Komödien ist ein besonderer Schatz, den wir haben. In vielen österreichischen Komödien, hatte ich das Gefühl, haben die Autorinnen und Autoren und Regisseurinnen und Regisseure viel Zeit damit verbracht zu Beobachten.

Gerade wir in Österreich, die so eine umfangreiche Geschichte haben, so viele Kulturen in uns vereinen, ergeben als Ganzes etwas sehr Besonderes – das finde ich schon sehr schön.

  • Welcher österreichische Film bringt Sie heute noch zum Lachen?

Das sind natürlich „Indien“, „Muttertag“ und „Hinterholz 8“. Das waren Filme, die so gut gealtert, beziehungsweise gar nicht gealtert sind. Vielleicht würde man ein paar Witze heutzutage nicht mehr machen. Aber diese Filme haben keine Patina für mich. Das waren Filme, dir wir im Schulbus auswendig zitiert haben. Da hat man geschaut, wer kann besser den „Bösel“ spielen, oder den „Fellner“, oder wer kann den Opa besser nachmachen. Dazu gab es Matches im Schulbus.  

  • In der im Frühjahr 2023 erscheinenden Komödie „Griechenland“ sind Sie auch mitverantwortlich für das Drehbuch. War das ein Herzensprojekt?

Griechenland ist natürlich ein Herzensprojekt. Ein Film, der schon eine lange Geschichte hat – von der ersten Idee bis zur Realisierung. Das hat mit vielen Faktoren zu tun: Erstens einmal die Liebe zu Griechenland, das hat auch optische Gründe. Inseln haben etwas sehr Raues, Fremdes und Vertrautes zugleich. Das Meer symbolisiert Freiheit. Es ist kein Wunder warum die griechischen Philosophen stundenlang ins Meer geschaut und überlegt haben. Die Zeit musst dir heute auch einmal nehmen.

Und auf der anderen Seite ist auch sehr viel autobiographisches in der Figur, die ich kreiert habe. Der Johannes ist eine Figur, die nicht „Nein“ sagen, und auch keine Entscheidungen treffen kann, und feststeckt im Leben. Das ist wie, wenn man einen Berg hinauffährt ohne Allrad und am Vortag hat es geregnet. Du steckst fest – von dort hast du eine schöne Aussicht, und denkst dir, dann bleibe ich halt da, es ist auch schön – aber du weißt da oben würde noch etwas anderes auf dich warten. Und das zu verbinden in einer komödiantischen Form, das hat große Freude bereitet.

Auch die Dreharbeiten in Griechenland waren von so einer unfassbaren Harmonie gekennzeichnet. Die Claudia, unsere fantastische Regisseurin, hat sich wunderbar vorbereitet, gemeinsam mit ihrem Kamerateam. Und auch die Darstellerinnen und Darsteller haben sich von dieser griechischen Insel umarmen lassen. Diese Einfachheit und Herzlichkeit der Menschen, und nebenbei, das meine ich jetzt auch nicht wertend, diese Kukuruz-Philosophie, die auf griechischen Inseln herrscht machen dich ruhiger. Dadurch macht das Drehen gleich doppelt so viel Spaß. Innerhalb von drei Tagen waren wir auf der ganzen Insel bekannt – namentlich!

Da freue ich mich schon sehr, wenn dieser Film ins Kino kommt. Es ist auch eine Liebeserklärung an Griechenland und seine Menschen. Es ist aber auch eine Liebeserklärung an die Menschen, die sich selbst noch suchen – die noch nicht ganz den „Allradantrieb“ im Leben gefunden haben.

  • Mittlerweile sind schon drei „Stinatz-Krimis“ von Ihnen erschienen. Wird es auch eine Kinoverfilmung geben?

Die „Stinatz-Krimis“ werden verfilmt, allerdings nicht fürs Kino. Es wird eine Fernsehreihe, von der Idee her, wie die wunderbaren „Polt“-Verfilmungen im Fernsehen mit Erwin Steinhauer. Das ist das nächste Herzensprojekt das ansteht: Nächstes Jahr die erste Verfilmung mit Schauspielerinnen und Schauspielern aus der Gegend, beziehungsweise auch Laiendarstellerinnen und -darstellern aus der Gegend zu machen. Mein Ansatz ist, dass wenn man schon eine Geschichte über diesen besonderen Ort Stinatz erzählt, dann müssen die Menschen die dort leben authentisch sein – zu 100 Prozent. Das muss dann wirklich Stinatz sein.

  • Worauf dürfen sich Ihre Fans in den kommenden Monaten noch freuen?

Auf den Film kann man sich freuen – „Love Machine 2“. Ich habe auch noch eine sehr schöne Herbsttournee vor mir. Danach geht es langsam in die Vorbereitung für den vierten „Stinatz-Krimi“ und die Verfilmung des ersten Buches.