Filmemacher & Horrorspezialist Peter Hengl im Gespräch

Als Drehbuchauto hat Peter Hengl die ORF-Stadtkomödien Curling for Eisenstadt (2019) und Man kann nicht alles haben (2021) mitverfasst. In seinem ersten Kinospielfilm FAMILY DINNER stürzte sich der gebürtige Kufsteiner ganz auf sein „Lieblingsgenre“, Horror. Das Ergebnis: Ein atmosphärisch höchst unheimlicher Genre-Vertreter, gespickt mit einer Portion religiösem Brauchtum und großartigen Schauspielleistungen. Für die übergewichtige Teenagerin Simi (Nina Katlein) werden die Osterferien am Bauernhof ihrer Tante Claudia (Pia Hierzegger) zum Alptraum. Als renommierte Ernährungsberaterin soll ihr diese beim Abnehmen helfen. Dabei muss die Heranwachsende aber zusehends erkennen, dass es in Claudias Familie nicht mit rechten Dingen zugeht. Das Unheil nimmt seinen Lauf…

Peter Hengl, die Auseinandersetzung mit Horrorelementen lässt sich schon in frühen Filmarbeiten von Ihnen antreffen. Was fasziniert sie am Horrorfilm?

Ich habe Horrorfilme immer schon geliebt! Mich fasziniert daran, dass der Horrorfilm eigentlich total negative Affekte auslöst – Angst und Schrecken! Aber damit auf ein Publikum stößt, das diese Affekte freudig aufnimmt, weil es eben auf der Suche nach einer Grenzerfahrung ist.

Was zeichnet „den österreichischen Horrorfilm“ aus Ihrer Sicht aus?

Die österreichische Kunst und Kultur hatte schon immer den Mut, sich mit Grenzthemen auseinanderzusetzen, mit dem Abartigen und Monströsen – sei es Sigmund Freud oder Franz Kafka. Leider hat man sich in den letzten Jahrzehnten oft für das Label „Horror“ geschämt – schön, dass sich das langsam ändert!

Ihr Spielfilmdebüt „Family Dinner“ wurde zu über 30 Festivals eingeladen. Hat dieser Erfolg für Sie als Filmemacher Türen geöffnet?

Auf jeden Fall! Wir konnten mit unserer Firma Capra Film zahlreiche interessante Kontakte knüpfen, die es uns hoffentlich leichter machen werden, unsere nächsten Projekte zu finanzieren und zu verwerten!

In den Rezensionen wurde „Family Dinner“ mehrfach als Genrefilm mit religiösem Überbau besprochen. Würden Sie dem als Regisseur zustimmen? Bzw. wie viel Genrefilm und wie viel Religiosität stecken in Ihrem Film?

Ich hoffe, dass es sehr viel Genrefilm ist, der in „Family Dinner“ steckt! Um Religiosität ging es mir nur indirekt, mehr um Vorbilder und deren Einfluss, bzw. wie sich jemand Glaubens- oder Denksysteme aneignen und zunutze machen kann.

Das Unheimliche prägte schon die Grundstimmung in Ihrem Kurzfilm „Vadim“. Wie schaffen Sie diese Atmosphäre im Film?

Ich habe mich schon während meiner Ausbildung viel damit beschäftigt, wie man mit filmischen Stilmitteln Unbehagen erzeugt – und die versuche ich, möglichst effektiv einzusetzen!

Einer Ihrer Professoren an der Filmakademie war Michael Haneke, der mit „Funny Games“ einen weltweit vielbeachteten Film aus dem Komplex Horror – Psychothriller geschaffen hat. Inwieweit hat er ihr eigenes Filmschaffen geprägt?

Haneke ist sicherlich ein Meister des Horrorfilms – auch wenn er selbst das Etikett „Horror“ gewiss ablehnt – und ich denke, ich konnte einiges von ihm lernen – allen voran, wie wichtig gutes Handwerk für den Film ist.

Als Drehbuchautor haben Sie auch an mehreren ORF-Stadtkomödien mitgeschrieben. Ist es schwieriger, einen guten Horrorfilm oder eine gute Komödie zu schreiben?

Ich denke, dass gerade die Genres „Horror“ und „Komödie“ besonders nah miteinander verwandt sind: beide Genres wollen eine möglichst direkte emotionale Reaktion auslösen, die unmittelbar aus dem Bauch kommt. Von daher kommt mir die Arbeit an beiden Genres immer sehr ähnlich – und auch ähnlich herausfordernd – vor!

Auf welche kommenden Projekte von Ihnen dürfen sich Filmfans freuen?

Mit unserer Firma Capra Film haben wir uns die Aufgabe gesetzt, anspruchsvolles Genrekino aus Österreich zu machen, und da haben wir schon einige Projekte mit verschiedenen Autor*innen bzw. Regisseur*innen in Entwicklung. Ich persönlich habe mich sehr gefreut, dass mich das Österreichische Filminstitut in diesem Jahr mit gleich zwei Stoffentwicklungsförderungen für zwei spannende Genreprojekte unterstützt hat.