VIENNALE 2023
Ein Fest für den Film!

Für Cineast*innen in Wien und weit darüber hinaus herrscht Ende Oktober jedes Jahr Ausnahmezustand. Grund dafür ist die VIENNALE, das größte und älteste Filmfestival Österreichs.

Vor zwei Wochen ist die mittlerweile 61. Ausgabe zu Ende gegangen. Zwischen 19. und 31. Oktober begeisterte die heurige Filmauswahl über 75.000 Besucher:innen. Großartige Gäste, wie Pedro Costa, Catherine Breillat, Christian Petzold, Jennifer Reeder oder Claire Simon präsentierten dabei persönlich ihre neuesten Werke.

Neben den internationalen Beiträgen nimmt auch der österreichische Film im Programm traditionell eine gewichtige Rolle ein, so auch in diesem Jahr, wo mehrere herausragende und ÖFI geförderte Produktionen ihre österreichische Erstaufführung feierten. Dazu zählte insbesondere das in Albanien gedrehte Drama EUROPA, das mit dem Spezialpreis der Jury ausgezeichnet wurde.

„Den Spezialpreis der Jury verleihen wir an einen Film, der uns Mitteleuropäer:innen zurecht auf schmerzvolle und schonungslose Art und Weise mit unseren Privilegien konfrontiert, die wir sonst nur allzu gern und gekonnt verdrängen wollen. Die schauspielerische Leistung der Protagonistin ist herausragend und muss definitiv auch hier Erwähnung finden“, hieß es in der Jurybegründung der VIENNALE.

Die österreichische Filmemacherin Sudabeh Mortezai hinterfragt in ihrem Werk die realen Praktiken des modernen Kapitalismus anhand der beruflichen Reise der jungen Managerin Beate Winter in ein entlegenes Tal in Albanien. Dort soll sie den trotz Perspektivenlosigkeit noch verbliebenen Einheimischen ihr Land abkaufen. Doch nicht alle sind bereit, das Land in dem sie geboren und aufgewachsen sind, für eine bestimmte Summe aufzugeben. Seit 2. November ist der brisante Streifen bereits in ganz Österreich in den Kinos zu sehen.

Der international vielfach prämierte Dokumentarfilmemacher Nikolaus Geyrhalter hat seinen filmischen Blick bereits mehrfach den Auswirkungen von Globalisierung und Massenproduktion zugewandt und die Frage gestellt, wohin bestimmte gesellschaftliche Entwicklungen, wie die grenzenlose Produktion von Müll in MATTER OUT OF PLACE (2022), führen. In seiner jüngsten Arbeit STILLSTAND dokumentiert Geyrhalter den Verlauf der COVID-19-Pandemie über zwei Jahre hinweg. Dabei lässt er daran erinnern, wie sich im Frühjahr 2020 plötzlich alle noch so unumstößlich gedachten Pflichten und Routinen schlagartig in Stillstand auflösten. Während sich Geyrhalter für seine bisherigen Filme mehrfach auf Weltreise begab, um globale Verflechtungen offenzulegen, ist STILLSTAND ganz auf die Metropole Wien konzentriert. Mit beeindruckend-beklemmenden Bildern aus der Stadt macht der Filmemacher die plötzlichen Leerstellen der Pandemie im Stile eines Chronisten der Gegenwart wieder überdeutlich fühlbar. Am 9.2.2024 startet der Film in den Kinos.

Wien steht auch im Mittelpunkt des bei der VIENNALE gezeigten RICKERL –MUSIK IS HÖCHSTENS A HOBBY. Es ist das Wien der Straßen- und Beiselmusik, das Adrian Goiginger – Macher von DIE BESTE ALLER WELTEN (2017) und DER FUCHS (2022) – im Rahmen einer gefühlvollen Arbeit, die zwischen Komödie und Drama changiert, auf die Leinwand bringt. Genau in diesem Milieu agiert die Hauptfigur, der vom großartigen Voodoo Jürgens verkörperte Erich „Rickerl“ Bohacek. Dieser versucht mit seinen schwarzhumorigen Liedern durchzustarten und gleichzeitig ein guter Vater zu sein. Doch keines von beidem gelingt ihm so recht, während er sich mit Jobs als Totengräber oder Hochzeitssänger über Wasser zu halten versucht. Neben einer emotionalen, melancholischen Geschichte mit vielen Höhen und Tiefen hält der Film, der ab 19.1.2024 in den Kinos zu sehen ist, natürlich auch jede Menge Musik von Voodoo Jürgens bereit!

Musik ist auch das zentrale Handlungselement in THE KLEZMER PROJECT, dem halbfiktionalen Dokumentarfilm von Leandro Koch und Paloma Schachmann, der ausgehend von einer Liebesbeziehung und dem Interesse an der Auseinandersetzung mit den eigenen kulturellen Wurzeln, eine filmische Reise in das Dreiländereck Rumänien, Ukraine und Moldawien – hinein in die Welt der traditionsreichen Klezmer-Musik – unternimmt. Ab 25.1.2024 können Sie auf diese Reise mitkommen und den geheimnisvollen jiddischen Klängen auf die Spur gehen.

Österreichische Erstaufführung feierte bei der VIENNALE auch Jessica Hausners Psychodrama CLUB ZERO, das bei den diesjährigen Internationalen Filmfestspielen von Cannes bereits als Teil der Wettbewerbsauswahl lief. Lesen Sie dazu das folgende Interview mit der Filmemacherin, das ihnen einen spannenden Einblick in die filmische Welt der Jessica Hausner eröffnet.