72. BERLINALE –
DIE ÖSTERREICHISCHEN
GEWINNERINNEN

Insgesamt vier österreichische Produktionen, die mit Förderung des österreichischen Filminstituts entstanden sind, durften dieses Jahr bei der Berlinale mit dabei sein. Viele der großen Auszeichnungen wurden an Regisseurinnen vergeben. Darunter waren auch zwei österreichische Regisseurinnen.

Ruth Beckermann gewann bei der Preisgala zur 72. Berlinale mit ihrem Dokumentarfilm „Mutzenbacher“ die Festival-Sektion Encounters und der Debütspielfilm „SONNE“ der Wiener Regisseurin Kurdwin Ayub wurde als bester Erstlingsfilm gewürdigt.


DIE GESCHICHTE EINER WIENER DIRNE

Zuletzt hatte die renommierte Regisseurin Ruth Beckermann mit „Waldheims Walzer“ auf der Berlinale 2018 Premiere gefeiert. Dieses Jahr konnte sie mit einer der begehrten Trophäen nach Hause gehen.

Mit einem Zeitungsaufruf lädt Ruth Beckermann zu einem Casting für einen Film ein, der einen bekannten pornografischen Text zur Grundlage hat. Der Film „Mutzenbacher“ konfrontiert hundert Männer mit Auszügen aus dem Roman „Josefine Mutzenbacher oder Die Geschichte einer Wienerischen Dirne“, in einer Zeit, in der Sex mehr denn je allgegenwärtig ist, aber gleichzeitig auf ein moralisch hochgradig aufgerüstetes Umfeld trifft.


ZWISCHEN DEN KULTUREN

Heimat, was ist das?, fragte Kurdwin Ayub – 1991 aus dem Irak nach Österreich geflüchtet – bereits in ihrem gefeierten dokumentarischen Langdebüt „Paradies! Paradies!“ ungeniert und im Direct-Video-Stil. Wie bilden sich Meinungen, wie halten sich Ideologien? Der Girls-Perspektive im Fresh-Look sowie jungen Heldinnen, exaltiert-introvertiert, bleibt sie treu.

In „SONNE“ drehen die drei Freundinnen ein Burka-Musikvideo, ganz normal crazy. Yesmin ist Kurdin und trägt Kopftuch, Bella nennt sich eine „Halbjugo(slawin)“, Nati „kommt aus Österreich“. Sie verstehen sich bestens beim „Twerk-Bitch“-Talk im Wiener Dialekt. Der kleine Bruder – selbst kein Heiliger – verpfeift Yesmin bei den Eltern. Kann schließlich keiner ahnen, dass der coole Papa das Video liked und die „talentierten Frauen“ nun in der muslimischen Community von Fest zu Fest chauffiert. Die drei werden berühmt. Doch ihre Ansichten driften auseinander: Während Bella und Nati überraschend im kurdischen Patriotismus ein neues Zuhause finden, entfremdet sich Yesmin zwischen der Realityshow des eigenen Lebens und den vielen anderen in ihrem Smartphone: von ihrer Kultur und Religion, den Chauvi-Typen rundherum und schließlich auch von den Freundinnen.